Institut für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftspädagogik

Zweites Zukunftsmahl - Traditionen neu beleben

Hochzufrieden verliess Gerd Campen am Freitag abend die Alte Brauerei in Pilsum: "Wenn informative Abende immer so gesellig wären, käme ich doch öfter!" Eingebettet in Granat und Pellkartoffeln und vegetarischen Grünkohl gab es Daten und Fakten zur Ernährungssituation älterer Menschen als auch viele verschiedene Berichte über Traditionen in ostfriesischen Küchen und Gärten. Rund 60 Gäste waren der Einladung des Forschungsprojekts gefolgt und fanden den Weg über die nebligen Küstenstrassen nach Pilsum.

Denn wann besteht schon die Möglichkeit, mit kompetenten Referentinnen und Referenten aus der Wissenschaft in gemütlichem Rahmen und ohne Hektik zu diskutieren, sich auszutauschen und neue Verbindungen zu knüpfen? Nicht nur Vertreter aus der Heimverpflegung, wie zum Beispiel vom Seniorenheim Norddeich, auch Köpfe aus der Politik, wie Gila Altmann oder auch Björn Grimm, der zusammen mit den Berufsbildenden Schule ein traditionelles Kochbuch entwickelt, genossen die Atmosphäre.

Thema des Abends war "Traditionen neu beleben". So hatte der Fachbereich Psychologie der Universität Oldenburg im Jahr 2004 eine Studie über die Ernährungssituation älterer, sich noch selbst verpflegender, Menschen in Ostfriesland gemacht. Interessantes kam hier zum Vorschein. Traditionen und Rituale spielen eine bedeutende Rolle im Alltag, sei es nun, dass Teezeiten eingehalten werden oder saisonal gekocht wird. Der Wunsch nach einem Dialog der Generationen erscheint sehr wichtig, die Kinder und Enkelkinder sollen den Bezug zu ihrer Herkunft auch durch die Zubereitung traditioneller Gerichte behalten.

Wilfried Belschner, Professor für Psychologie an der Uiversität Oldenburg, errinnerte daran, dass das tägliche Essen nicht nur als Nahrungsaufnahme verstanden werden kann, sondern vor allem die Lebensmittel in den Vordergrund rücken mussten - wobei der Aspekt des Lebens der Wichtigste sei. Essen und Essen zubereiten sei mehr als nur Vitamine und Kalorien aufnehmen, der soziale Aspekt des gemeinsamen Kochens, die Wahrnehmung der Umwelt beim Zubereiten saisonaler und regionaler Produkte, der Genuss beim Essen sollten gerade auch in der Heimverpflegung berücksichtigt werden. Natürlich kann dies nicht allein von einer Seniorenheimleitung erwartet werden, vielmehr ist es der Wunsch an die Politik, das Leben für ältere Menschen lebenswert zu machen.

Frank Ahrens, Referent des Abends von der BBS in Varel, fasste die Stimmung zusammen mit den Worten: "Es ist nicht richtig, immer nur Studien zu verfassen, sie müssen auch den Menschen nahe gebracht werden. Das ist an diesem Abend gelungen - die Verknüpfung von Wissenschaft und Alltag."